Zum Andenken eines Dichters, der überall
-  in dem Morgenrot, dem Sonnenaufgang, dem Frühlingsbeginn, dem Zwitschern der Nachtigall, dem Flattern von Schmetterlingen um eine Kerze -Liebe vorfand!

 
 

 

Muhammed Füzuli

Šəbi hicran yanar canım, tökər qan ceşmi giryanım
Oyadar xalqı əfqanım, qara bəxtim oyanmazmı?

Am Trennungsabend brennt die Seele
Fließt das Blut, woher ich sehe.
Mein Geschrei erweckt das Volk
Wird dunkle Fügung nicht wach wohl?

 

Muhammed Füzulis Lyrik nimmt eine besondere Stellung in aserbaidschanischer und der gesamten orientalischen Literatur ein. Mit seiner Dichtung entwickelte er eine einzigartige Poesie, die sich auf den individuellen Gefühlen und der Liebe basiert. Die Authentizität seiner Poesie wurde und wird über mehrere Generationen hin mehrfach bestätigt.

Füzuli ist ungefähr 1494 in der Nähe von Bagdad in Karbala geboren, sein genaues Geburtsdatum ist nicht bekannt. Sein Leben verlief, soweit das sich beurteilen lässt, unglücklich. Er starb durch eine Pestepidemie im Jahre 1556.

Über sein Leben gibt es kaum weitere Auskünfte und die vorhandenen Informationen sind alle aus den Studien seiner Arbeiten und aus den Erklärungen in seinen Gedichten entnommen. Nach diesen Studien lautet sein richtiger Name Muhammed Süleyman ogly. In einem Werk von ihm offenbart er selber, dass er den Namen Füzuli später sich aussuchte, um die Verwechselung seiner Werke mit den anderen zu vermeiden. Zudem würde niemand andere nach ihm für solch einen Pseudonym entscheiden, so schrieb Füzuli. Denn füzuli bedeutet auf Persisch „unnötig“, „überflüssig“, ist  aber auch das Synonym des Wortes „Tugend“.

Füzuli war unter dem Volk als Mullah Muhammed, Mullah Füzuli und Mevlana Füzuli bekannt und vermutlich hing das mit seiner Tätigkeit als gebildeter Lehrer zusammen. Er gehörte dem Stamm Bayat von ogusischer Gruppe der Turkvölker, die über Mittleren Osten, Anatolien und Kaukasus zerstreut waren und in deren Wurzeln Aserbaidschaner standen.

In seinen Werken ist der Einfluss des Sufismus deutlich spürbar.

Seine Grundkenntnisse eignete Füzuli in einer Madrasa (Schule für Theologie, Jurisprudenz und Literatur) an. Er lernte neben Aserbaidschanisch auch Persisch und Arabisch zu sprechen, machte sich mit der Mathematik, den Naturwissenschaften, der Logik, der Astronomie und der Philosophie vertraut. Vermutlich bekam er seine Ausbildung in den irakischen Städten Karbala, Hilla und Bagdad.

Seine Werke verfasste er auf Aserbaidschanisch, Persisch und Arabisch und benutzte dabei die ganze Metrik und die Formen der Divanliteratur (Versliteratur). Seine Schöpfungskraft und Gedankentiefe werden aber in der Gazel-Form (die verbreitete Gedichtsform in der Versliteratur) besonders durchschaubar. In seiner Poesie beruhte er auch auf Kasides, Mesnevis, Poems, allegorischen und philosophischen Werke und Übersetzungen der schöngeistigen Literatur.

In seinem Werk „Hadikatü‘s-Süeda“ behauptete er, dass er seine Muttersprache, die für die Dichtung bisher ungeeignet wäre, mit Erfolg benutzen und zu einem starken und für die Dichtung geeigneten Stand bringen werde und so tat er auch.

Füzuli erlebte in seinem Leben viele große Persönlichkeiten und dichtete zu ihren Ehren. Während der Herrschaft der Safaviden im Irak, widmete er sein allegorisches Werk „Beng-ü Bade“  dem Schah Ismayil Hatai, in dem er sein Regieren anpries. Er schrieb noch gemäß den Traditionen seines Zeitalters Lobpreisungen für den osmanischen Sultan Kanuni Süleyman, sowie für Rustam Pascha, Muhammed Pascha, Ayaz Pascha, Mustafa Pascha, Ibrahim Bey  (Bey ist die Anredeform für: Herr; Bezeichnung für einen Stammesführer; hier:  ein osmanischer Militär- und Beamtenrang oder Titel) und Cafer Bey geschrieben, die einst Bagdad eroberten.

Salam verdim rüşvət deyildir deyə-almadılar! - Mir wurde Begrüßung nicht entgegengenommen, weil es keine Bestechung war! –so kritisierte Füzuli in seinem berühmten Werk „Şikayətnamə“ die gesellschaftlichen Unzulänglichkeiten seiner Zeit.

Seine gesamten Werke lassen sich folgendermaßen auflisten:

  1. Drei Divans jeweils in Türkisch, Persisch und Arabisch;
  2. Leyli və Məcnun (Leyla und Medschnun);
  3. Heft Cam (Sieben Trinkgläser);
  4. Tərcüme-i Hadis-i Erbain („Vierzig Hadis Übersetzungen“ von Dschami);
  5. Bəng-ü Badə (Opium und Wein);
  6. Hadikatü‘s-Süəda (Garten der Glücklichen);
  7. Rindü Zahid (Bettelmönch und Frömmler);
  8. Seine Briefe;
  9. Şikayətnamə (Klagebrief);
  10. Söhbətül əsmar (Das Gespräch der Früchte);
  11. Səhhət və Mərəz (Gesundheit und Krankheit);
  12. Ənisül Qəlb (Geliebte);
  13. Mətleül-etiqad (Die Geburt des Glaubens).

 

"Liebe" im Zentrum des Füzulis Dichtung

Leyla und Medschnun

Neben Lobpreisungen politischer Autoritäten handeln Füzulis schönste Verse von der unerfüllten Liebe.
Sein bis heute bekanntestes Werk  ist „Leyla und Medschnun“. Kummer, Trennungsschmerz, Sehnsucht stehen im Mittelpunkt dieses Werkes. Der Legende nach geht diese wahre  Geschichte ins 6. Jh. v. Chr. in die Babylonische Zeit zurück. Die erste Version wurde noch 12. Jh. von dem Dichter Nizami Gencevi gedichtet worden. Nach Nizami wurden noch dutzende Naziras (ein Werk, das auf der Grundlage der früher geschriebenen Werke verfasst wird) zu dem Werk geschrieben. Die Bekanntesten davon waren von den Dichtern Chosrov aus Indien, Ališir Nevai aus Usbekistan, Cami aus Tadschikistan, Mektebi und Hatifi aus Persien gedichtet. Fuzulis neue Version am 16. Jh. wurde so erfolgreich, dass sie andere gleichnamigen Werke der türkischen Literatur im Schatten ließ.

Die Helden des Werkes Leyla, Medschnun und ihre Eltern mit ihren national-traditionellen Besonderheiten und mit individuellen Eigenschaften wurden in solcher bunten Beschreibung dargestellt, dass sie echt und realistisch wirkten.

Die Liebe von Medschnun ist rein, ideal und stark. Medschnun (auf Arabisch: Wahnsinniger; Verliebter), der nach Leyla verrückt spielt, gibt sich vollkommen gegen eigenes Leben für diese Liebe hin. Leyla wegen ihrer Rolle der Frau als Sklave in der orientalischen Gesellschaft zeigt ihre Gefühle nicht offen und  passt sich den gesellschaftlichen Regeln der damaligen Zeit an. „Leyla und Medschnun“ ist eine spannende, unterhaltsame und gleichzeitig traurige Geschichte über die „freie“ Liebe zwischen dem aşiq (Verliebter) und seiner məşuqə (Geliebte).

Nach Füzuli gibt die Liebe den Menschen die Möglichkeit, die Lust am Leben wahrzunehmen, die Natur zu genießen, ihre Gefühle und Leidenschaften zu zeigen. Das Wesen eines verliebten Menschen stellt er dem heuchlerischen, skrupellosen und selbstsüchtigen gegenüber.

Die Lebensliebe ist die Motivation für Füzuli. Die Sehnsucht nach dem Leben und dem Glück, die sich auf der Liebe basiert, bildet die Leitlinie der Füzulis Poesie. Er sieht die Bedeutung und das Ziel des Lebens in der Liebe. Für ihn ist die Liebe ein lebendiges Wesen, mit seinem Worten –servi boylu, gülyanaqlı, gümüş sinəli, nərgiz baxışlı, qara zülfündən müşk-ənbər qoxusu gələn canlı insan.

 

Füzuli als Sadi und Hafiz der Orients und als Shakespeare und Dante des Okzidents

In seiner Poesie ließ sich Füzuli von persischem Dichter Hafiz und den turksprachigen Dichtern Nasimi, Nevai und Necati insprieren.
Nach dem englischen Orienatlisten Gibb ist Füzuli Sonne des Orients und er hat keinen ersetzbaren Analog in der türkischen Literatur. Er ist Dichter der Seele, so Gibb.

Füzulis Einfluss auf die türkische Divandichter Baki, Ruhi, Naila, Necati, Nedim und Scheich Galip, in wessen Gedichten die Liebe im Mittelpunkt stand, ist groß gewesen.

Viele Dichter wie Ehsani, Vefai und Turdi 16-17 Jh., Necati, Rovneg, Gulkhani, Makhmur, Kirami, Munis im 18. Jh., Agahi, Kamil, Kamjab, Raci 19-20 Jh. schrieben sogar zahlreiche Naziras  zu seiner Dichtung. Es bestehen in der Literatur auch viele Lobreden, die einst zu der Ehre Füzulis geschrieben waren.

Die Manuskripte Füzulis Werke befinden sich heute in den Bibliotheken von Teheran, Kairo, Istanbul, Sankt-Petersburg, Taschkent, Baku, London, Paris und Berlin.

Literatur:

  • Arasli, Hamid "Böyuk Azerbaycan shairi Füzuli", Baki, 1958.
  • "Azerbaycan edebiyyati tarixi", Azerbaycan SSR Elmler Akademiyasi, Band I, Baki, 1960.
  • Mamed, Arif "Literatura Azerbajdschanskogo naroda", Baku, 1958.
  • Mamed, Arif "Istorija Azerbajdschanskoj literaturi", Baku, 1971.

Bild unten: Füzulis Denkmal in Baku

vorbereitet von Naila Nasirova

 
     

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